Einleitung: Warum ein Upgrade auf Exchange Server SE sinnvoll ist
Die Exchange Server Subscription Edition (SE) ist die nächste Generation der On-Premises Exchange-Server und stellt einen wichtigen Schritt in Microsofts Strategie für unternehmensinterne E-Mail-Infrastrukturen dar. Ein Upgrade auf Exchange Server SE ist insbesondere deshalb sinnvoll, weil der Support für Exchange Server 2019 am 14. Oktober 2025 endet – ab diesem Datum wird nur noch Exchange Server SE offiziell unterstützt. Unternehmen, die weiterhin auf eine lokale Exchange-Umgebung setzen, müssen also auf Exchange SE migrieren, um Sicherheitspatches und Support zu erhalten.
Darüber hinaus bietet Exchange Server SE den Vorteil eines neuen Update-Modells. Als Subscription Edition erhält Exchange SE regelmäßig kumulative Updates (voraussichtlich zweimal jährlich) mit Sicherheitsverbesserungen und neuen Funktionen. Diese kontinuierlichen Updates sorgen dafür, dass Ihre E-Mail-Plattform stets auf dem neuesten Stand, performant und sicher bleibt, ohne dass alle paar Jahre eine große Migration auf eine neue Exchange-Version notwendig ist. Microsoft vereinfacht das Upgrade zudem technisch: Wenn Ihre Organisation bereits Exchange 2019 einsetzt, lässt sich Exchange Server SE deutlich einfacher einführen als frühere Major-Upgrades – im Idealfall durch ein direktes In-Place-Upgrade mit minimalem Aufwand.
Kurz gesagt: Ein Upgrade auf Exchange Server SE stellt sicher, dass Ihre E-Mail-Infrastruktur zukunftssicher bleibt. Sie profitieren von verlängertem Support, regelmäßigen Updates im Rahmen des Abonnement-Modells und können neue Features schneller nutzen. Im nächsten Schritt betrachten wir die Voraussetzungen, die für ein erfolgreiches Upgrade gegeben sein müssen.
Systemanforderungen: Technische Voraussetzungen für Exchange Server SE
Bevor Sie mit dem Upgrade von Exchange 2019 auf Exchange Server SE beginnen, sollten Sie sicherstellen, dass Ihre Umgebung die Systemanforderungen für Exchange Server SE erfüllt. Da Exchange Server SE im Kern auf Exchange 2019 basiert (Exchange SE RTM entspricht weitgehend Exchange 2019 CU15), ändern sich die Anforderungen nur wenig. Wichtig sind folgende Punkte:
Betriebssystem: Exchange Server SE wird auf aktuellen Windows-Server-Betriebssystemen laufen. Die gleichen Windows-Versionen, die für Exchange 2019 unterstützt werden, gelten auch für Exchange SE. Konkret sollten Ihre Exchange-Server auf Windows Server 2019 oder Windows Server 2022 (64-Bit, Standard oder Datacenter) installiert sein. Ältere OS-Versionen (wie 2012 R2) werden für Exchange 2019/SE nicht mehr unterstützt als Hostsystem. Wenn Sie planen, Exchange Server SE auf ein zukünftiges OS wie Windows Server 2025 zu bringen, müssten Sie eine Migration auf neue Server durchführen (dazu später mehr).
Hardware: Die Hardware-Anforderungen von Exchange Server SE entsprechen den Anforderungen von Exchange Server 2019. Es sind also keine besonderen neuen Hardwareanforderungen zu erwarten. Microsoft empfiehlt für Exchange 2019 Mailbox-Server z.B. 128 GB RAM (Arbeitsspeicher) – diese Empfehlung gilt weiterhin auch für Exchange SE. Ebenso sollten mehrkernige 64-Bit-Prozessoren und ausreichend schnelle Festplatten-/SSD-Kapazitäten für Datenbanken und Logfiles vorhanden sein, um eine optimale Performance sicherzustellen. Prüfen Sie, ob Ihre aktuelle Hardware noch genügend Reserven hat; falls nicht, planen Sie ggf. einen Hardware-Austausch im Zuge des Upgrades ein.
Active Directory: Ihre AD-Umgebung muss auf einem unterstützten Stand sein. Alle Domänencontroller im Forest sollten unter Windows Server 2012 R2 oder neuer laufen (2016, 2019, 2022 werden unterstützt). Die Gesamtstrukturfunktionsebene der Active-Directory-Domäne muss mindestens Windows Server 2012 R2 betragen, damit Exchange 2019/SE installiert bzw. betrieben werden kann. Stellen Sie außerdem sicher, dass wenigstens ein beschreibbarer globaler Katalog im selben AD-Standort wie der Exchange-Server vorhanden ist. Vor dem Upgrade auf Exchange SE wird der Exchange-Setup-Prozess das Active Directory erweitern (Schema-Updates), was Domänen-Administratorrechte erfordert – planen Sie dies im Vorfeld ein oder führen Sie
Setup /PrepareAD
manuell aus.
Weiteres: Auf den Exchange-Servern sollte das .NET Framework 4.8 installiert sein (Exchange 2019 nutzt .NET 4.8, was für SE ebenso gilt). Ebenfalls müssen gewisse Windows-Komponenten und Bibliotheken installiert sein (z.B. Visual C++ 2012 Redistributable, IIS-Rollen und -Features für den CAS/Dienstteil, etc.). Diese sind in der Regel bereits vorhanden, wenn Exchange 2019 läuft – prüfen Sie jedoch die aktuelle Microsoft-Dokumentation für Exchange SE, ob neue Voraussetzungen hinzugekommen sind. Auch DNS (inkl. korrekter Namensauflösung intern/extern) und Netzwerkkonfiguration sollten auf dem aktuellen Stand sein, damit Exchange fehlerfrei funktionieren kann.
Zusammengefasst: Wenn Ihre Umgebung Exchange 2019 problemlos betreibt, sind die Chancen gut, dass Sie die Voraussetzungen für Exchange Server SE bereits erfüllen. Überprüfen Sie dennoch gründlich Betriebssystem, Hardware-Ressourcen und Active Directory, bevor Sie mit dem Upgrade fortfahren.
Vorbereitung: Wichtige Schritte vor dem Upgrade
Eine sorgfältige Vorbereitung ist der Schlüssel für ein erfolgreiches Upgrade auf Exchange Server SE. Bevor Sie die eigentliche Aktualisierung durchführen, sollten Sie folgende Schritte absolvieren:
Backup erstellen: Führen Sie ein vollständiges Backup Ihrer Exchange-Umgebung durch. Dazu gehören die Exchange-Datenbanken (Mailbox- und Public-Folder-Datenbanken) sowie die Konfiguration (Export der Exchange-Einstellungen) und idealerweise auch ein System-Backup des Exchange-Servers. Im Falle von virtuellen Maschinen können Snapshots vor dem Upgrade hilfreich sein. So stellen Sie sicher, dass Sie im Notfall zurückrollen können.
Exchange-Version prüfen und aktualisieren: Überprüfen Sie, welche Build-Nummer bzw. welches Cumulative Update Ihr Exchange 2019 derzeit installiert hat. Für ein reibungsloses In-Place-Upgrade auf Exchange SE sollte Exchange 2019 auf dem aktuellen Stand (mindestens CU14, besser CU15) sein. Installieren Sie also ggf. das neueste verfügbare Exchange 2019 CU, bevor Sie mit dem Upgrade beginnen. Beachten Sie, dass Exchange 2013-Server nicht mehr in der Organisation vorhanden sein dürfen, da Exchange 2019 CU15 die Koexistenz mit Exchange 2013 blockiert – solche Altserver müssen vorab migriert oder deinstalliert werden. Auch Exchange 2016 sollte, falls noch vorhanden, spätestens auf Exchange 2019 aktualisiert werden, da ein direkter Sprung von 2016 zu SE nicht möglich ist.
Kompatibilität prüfen: Stellen Sie sicher, dass alle abhängigen Systeme und Clients kompatibel mit Exchange SE sind. Dazu zählen u.a. Backup-Lösungen, Virenscanner auf Server-Ebene, Monitoring-Tools oder auch Drittanbieter-Lösungen (z.B. E-Mail-Archivierung, Antispam-Gateways), die mit Exchange interagieren. Klären Sie mit den jeweiligen Herstellern, ob Updates für Exchange SE erforderlich sind oder ob Exchange SE wie Exchange 2019 behandelt werden kann. Prüfen Sie zudem die Client-Kompatibilität (Outlook-Versionen); Outlook 2013 und älter werden z.B. mit Exchange 2019/SE nicht unterstützt – Outlook 2016 oder neuer ist erforderlich.
Testumgebung verwenden (optional): Wenn möglich, richten Sie eine Testumgebung ein, die Ihre Produktions-Exchange-Organisation in kleinem Maßstab nachbildet. Testen Sie das Upgrade zunächst dort, um Abläufe zu üben und mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen. Alternativ können Sie das Upgrade zunächst an einem weniger kritischen Exchange-Server in der DAG durchführen, bevor Sie alle Server upgraden.
Wartungsfenster und Kommunikation: Planen Sie das Upgrade für ein geeignetes Wartungsfenster ein (z.B. abends oder am Wochenende), in dem ein möglicher Ausfall der E-Mail-Kommunikation verkraftbar ist. Informieren Sie die Benutzer rechtzeitig über die geplanten Wartungsarbeiten und stellen Sie eventuell einen Notfallkontakt bereit. Während des Upgrades sollten möglichst keine Änderungen an der Exchange-Organisation vorgenommen werden (z.B. keine Benutzer verschieben oder Einstellungen ändern).
Prüfung der Systemgesundheit: Führen Sie vor dem Upgrade einen Health-Check Ihres Exchange-Servers durch. Kontrollieren Sie die Windows-Ereignisanzeige auf Fehlermeldungen, stellen Sie sicher, dass alle Exchange-Dienste laufen, und beheben Sie eventuelle Probleme (z.B. mit dem Namespaces, Zertifikaten oder Datenbank-Replikation in DAGs) bevor Sie das Upgrade starten. Ein sauberes Ausgangssystem verringert das Risiko von Upgrade-Fehlern erheblich.
Durch diese vorbereitenden Schritte schaffen Sie eine stabile Basis für das Upgrade. Sind Backups vorhanden, das System kompatibel und aktuell, und alle Beteiligten informiert, können Sie mit den eigentlichen Upgrade-Methoden fortfahren.
Upgrade-Methoden: In-Place-Upgrade, Migration oder Hybrid-Deployment
Für das Upgrade von Exchange Server 2019 auf Exchange Server SE stehen prinzipiell verschiedene Strategien zur Verfügung. Je nach Ausgangslage Ihrer Organisation (aktuelle Infrastruktur, Hardware-Pläne, Cloud-Strategie) können Sie zwischen einem direkten In-Place-Upgrade, einer Migration auf neue Server oder einem Hybrid-Ansatz mit Microsoft 365 wählen. Im Folgenden werden diese Methoden im Detail erläutert:
In-Place-Upgrade (direktes Upgrade auf demselben Server)
Das In-Place-Upgrade ist die einfachste und von Microsoft empfohlene Methode, sofern Ihre bestehende Exchange 2019-Serverumgebung dies zulässt. Hierbei wird Exchange Server SE direkt auf dem vorhandenen Exchange 2019-Server installiert, analog zur Installation eines neuen Cumulative Updates. Die bestehende Server-Hardware und Windows-Installation bleiben erhalten, lediglich die Exchange-Software wird auf die neue Version angehoben.
Voraussetzungen: Für ein In-Place-Upgrade muss Ihr Exchange 2019 Server, wie erwähnt, auf mindestens CU14 (idealerweise CU15) aktualisiert sein. Erstellen Sie vor dem Start unbedingt ein Backup und stellen Sie sicher, dass keine veralteten Exchange-Versionen (2013/2016) mehr in der Organisation vorhanden sind, die das Upgrade blockieren könnten.
Vorgehensweise: Führen Sie das Exchange Server SE-Setup aus und wählen Sie die Option, das bestehende Exchange 2019 zu aktualisieren. Der Installationsassistent wird ähnlich wie bei einem normalen CU-Update alle Exchange-Dienste stoppen, die Schema-/AD-Anpassungen durchführen und die Binärdateien aktualisieren. Folgen Sie den Anweisungen des Setups und lassen Sie alle Prüfungen (Prerequisite Checks) durchlaufen. Bei erfolgreichem Abschluss des Setups wird Ihr Server neu gestartet und als Exchange Server SE hochgefahren. Die Konfiguration (Postfächer, Connectoren, Einstellungen) bleibt erhalten, da es sich um ein Upgrade auf der gleichen Maschine handelt.
Vorteile: Diese Methode minimiert den Aufwand und die Komplexität. Sie benötigen keine zusätzliche Hardware und können die Downtime gering halten – in einer Exchange-DAG Umgebung beispielsweise können Sie Server nacheinander upgraden, sodass der E-Mail-Dienst für Nutzer weiterläuft. Microsoft hat das In-Place-Upgrade gezielt ermöglicht, um den Übergang von Exchange 2019 zu SE zu erleichtern. Gegenüber einer Neu-Migration sparen Sie sich das Verschieben von Postfächern und das Neuaufsetzen von Serverrollen.
Nachteile: Ein In-Place-Upgrade bedeutet, dass auf demselben Server ein bedeutendes Upgrade durchgeführt wird – es besteht immer ein Restrisiko, dass bei Problemen ein Rollback kompliziert ist (daher die Wichtigkeit des Backups). Zudem bleiben alle bestehenden Konfigurationen und evtl. Altlasten erhalten. Wenn Ihr Server schon längere Zeit läuft, könnte eine Neuinstallation auf frischer Hardware langfristig stabiler sein. Auch können Sie mit In-Place nicht das Betriebssystem wechseln – wer z.B. von Windows Server 2019 auf 2022 wechseln will, muss entweder erst das OS upgraden (was bei installiertem Exchange nicht unterstützt wird) oder gleich auf neue Hardware migrieren.
Migration auf neue Hardware (klassisches Migrations-Upgrade)
Die Migration auf neue Hardware ist der traditionelle Weg, wenn man auf eine neue Exchange-Version wechselt. Hierbei installieren Sie Exchange Server SE auf einem neuen Server (bzw. neuer VM) parallel zu Ihrer bestehenden Exchange 2019-Umgebung und migrieren anschließend Schritt für Schritt die Daten und Dienste. Dieses Verfahren wird auch als Legacy-Upgrade bezeichnet, da es dem klassischen Vorgehen früherer Exchange-Versionen entspricht.
Szenarien für Migration: Eine Migration bietet sich an, wenn Sie Hardware erneuern oder das Betriebssystem aktualisieren möchten. Beispielsweise könnten Sie Exchange SE direkt auf einem Windows Server 2022 oder 2025 aufsetzen. Da ein In-Place-Upgrade des Betriebssystems mit Exchange nicht möglich ist, müssen Sie in solchen Fällen auf neue Server ausweichen. Auch wenn Ihre aktuelle Umgebung nicht den Anforderungen entspricht (z.B. unzureichende Hardware-Ressourcen, veraltete Konfigurationen), kann eine frische Installation von Exchange SE auf neuer Hardware sinnvoll sein.
Vorgehensweise: Stellen Sie zunächst sicher, dass Ihre bestehende Exchange 2019-Organisation auf dem neuesten Stand ist (Schema und AD vorbereitet, CU aktuell). Installieren Sie dann einen neuen Server mit dem erforderlichen Windows OS und führen Sie die Exchange Server SE Installation dort als neue Organisationseinheit in Ihrer vorhandenen Exchange-Organisation durch. Exchange 2019 und Exchange SE können vorübergehend in Koexistenz betrieben werden (Exchange 2019 CU15 und Exchange SE RTM sind kompatibel in einer Organisation) – so können Postfächer, öffentliche Ordner und Dienste schrittweise umgezogen werden, bevor die alten Server abgeschaltet werden.
Nach Installation von Exchange SE auf dem neuen Server konfigurieren Sie die nötigen Einstellungen (z.B. URL-Konfigurationen, Zertifikate, Connectoren) analog zum alten Server. Anschließend migrieren Sie Postfächer und Daten von Exchange 2019 zu Exchange SE. Dies kann über die Exchange Verwaltungsoberfläche oder PowerShell mittels Move-Requests erfolgen. Sie können die Migration in Batches durchführen, um die Belastung zu steuern. Nachdem alle Postfächer und Dienste erfolgreich auf Exchange SE laufen, deinstallieren Sie die alten Exchange 2019 Server ordnungsgemäß aus der Organisation.
Vorteile: Die Migration auf neue Hardware ermöglicht einen frischen Start mit der neuen Version. Sie können die Umgebung optimieren, alte Probleme hinter sich lassen und – falls gewünscht – auch das Betriebssystem und die Hardwaregeneration aktualisieren. Zudem lässt sich die Umstellung schrittweise durchführen, was Risiken mindert. Bei Problemen können Sie notfalls zurück auf den alten Server wechseln, solange dieser noch nicht abgeschaltet ist.
Nachteile: Dieser Ansatz erfordert zusätzliche Ressourcen (neue Server oder VMs) und ist planungsintensiver. Das Verschieben großer Postfach-Datenmengen kann zeitaufwändig sein. Außerdem ist während der Koexistenzphase erhöhte Aufmerksamkeit nötig, um Konfigurationen konsistent zu halten. Insgesamt ist der Migrationsansatz komplexer als ein In-Place-Upgrade und erfordert sorgfältige Koordination.
Hybrid-Deployment mit Microsoft 365 (Exchange Online)
Eine weitere Möglichkeit, die in Betracht gezogen werden sollte, ist der Hybrid-Ansatz mit Microsoft 365, insbesondere Exchange Online. Dabei handelt es sich zwar nicht um ein klassisches Upgrade auf Exchange SE, aber um eine Strategiewahl: Manche Organisationen entscheiden sich, anstatt groß in neue On-Premises-Server zu investieren, schrittweise in die Cloud zu migrieren. Ein Hybrid-Deployment ermöglicht es, Exchange Server SE (bzw. zunächst Exchange 2019) mit Exchange Online zu verbinden, um Postfächer in die Microsoft 365 Cloud zu verschieben, während gewisse Funktionen on-premises verbleiben.
Einsatz von Exchange Server SE in Hybrid-Szenarien: Microsoft erlaubt es, Exchange Server SE als Hybrid-Server einzusetzen, oft mit speziellen Lizenzkonditionen. So gibt es beispielsweise für Exchange (wie bereits bei Exchange 2019) eine kostenlose Hybrid-Lizenz, wenn der Server lediglich zur Verwaltung einer hybriden Bereitstellung dient. Das heißt, Sie können einen minimalen Exchange SE Server On-Premises behalten, um z.B. Empfänger in AD zu verwalten, während die Mailboxen selbst in Exchange Online liegen. Dieser Ansatz ist ideal für Organisationen, die langfristig in die Cloud wechseln wollen, aber noch lokale Exchange-Funktionen oder -Integrationen benötigen.
Vorgehensweise: Für einen Hybrid-Ansatz sollten Sie zunächst Ihre Exchange 2019-Organisation auf Exchange SE aktualisieren oder – falls zeitlich passend – überlegen, ob Sie direkt von Exchange 2019 aus in die Cloud migrieren und eventuell Exchange SE nur noch als Management-Server betreiben. Sie richten eine Hybridkonfiguration mit dem Hybrid Configuration Wizard (HCW) ein, der Ihre On-Prem Exchange mit Exchange Online verbindet (inkl. AD-Synchronisation via Azure AD Connect, Konfiguration von OAuth, Mailfluss-Konnektoren etc.). Anschließend können Sie Postfächer sukzessive nach Exchange Online verschieben. Der Hybridmodus sorgt dafür, dass Benutzer nahtlos weiterarbeiten können, egal ob ihr Postfach lokal oder in der Cloud ist – Kalenderfreigaben, Free/Busy-Zeiten, und Mailrouting funktionieren integriert.
Vorteile: Die Hybrid-Methode bietet eine große Flexibilität. Sie können in Ihrem eigenen Tempo in die Cloud migrieren und trotzdem kurzfristig Exchange Server SE einführen, um supportet zu bleiben. Zudem reduziert sich langfristig der Wartungsaufwand On-Premises (weniger Server, weniger lokale Upgrades). Für viele Unternehmen stellt dieser Weg einen Kompromiss dar: Kritische Postfächer können zunächst lokal bleiben (auf Exchange SE), während weniger kritische oder neue Postfächer schon in der Cloud liegen.
Nachteile: Ein hybrides Deployment bringt ebenfalls Komplexität mit sich. Die Integration zwischen On-Prem und Cloud erfordert sorgfältige Einrichtung und fortlaufendes Management. Sie brauchen Kenntnisse in beiden Welten (Exchange und Exchange Online). Zudem bleiben Abhängigkeiten: Ein Hybrid-Server muss gepflegt werden, und Microsoft hat angekündigt, alte Exchange-Versionen aus Hybrid-Szenarien zu verbannen (d.h. auch Hybrid-Server müssen Exchange SE sein, da Exchange 2019 nach 2025 nicht mehr unterstützt ist). Entscheiden Sie sich für Hybrid, sollten Sie also Exchange SE zumindest für die Hybrid-Rolle einplanen.
Zusammengefasst haben Sie die Wahl der Upgrade-Methode basierend auf Ihren Anforderungen: In-Place-Upgrade für den schnellsten Weg auf Exchange SE, Migration auf neue Hardware für maximale Frische und Kontrolle, oder Hybrid mit M365 für einen schrittweisen Weg Richtung Cloud, ohne auf eine aktuelle Exchange-Version on-prem zu verzichten.
Best Practices für ein reibungsloses Upgrade
Unabhängig von der gewählten Upgrade-Methode gibt es eine Reihe von Best Practices bzw. bewährten Vorgehensweisen, um das Upgrade möglichst reibungslos durchzuführen und Fehler zu vermeiden:
Gründliche Planung: Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für die Planung des Upgrades. Erstellen Sie einen Schritt-für-Schritt-Plan und stimmen Sie diesen mit dem Team ab. Berücksichtigen Sie dabei Zeitpuffer für unerwartete Probleme und planen Sie die Reihenfolge, in der Server (bei mehreren) aktualisiert werden.
Dokumentation: Dokumentieren Sie die aktuelle Exchange-Umgebung vor dem Upgrade (Serverrollen, Versionen, Einstellungen, Zertifikate, DNS-Einträge etc.). So können Sie nach dem Upgrade überprüfen, ob alle Einstellungen übernommen wurden, und Sie haben eine Referenz, falls etwas neu konfiguriert werden muss.
Microsoft-Dokumentation und Ressourcen nutzen: Lesen Sie die offiziellen Release Notes und Anleitungen von Microsoft für Exchange Server SE. Oft gibt es bekannte Probleme oder empfohlene Workarounds, die dort beschrieben sind. Nutzen Sie zudem Community-Ressourcen – Erfahrungsberichte anderer Administratoren können wertvolle Tipps liefern.
Pre-Upgrade Checks ausführen: Verwenden Sie Tools wie den Exchange Best Practices Analyzer (für ältere Versionen verfügbar) oder das aktuelle Exchange Health Checker Script (von Microsoft Exchange Team bereitgestellt), um Ihre Umgebung vorab zu prüfen. Solche Tools können Konfigurationsabweichungen, veraltete Einstellungen oder fehlende Updates erkennen, die Sie vor dem Upgrade beheben sollten.
Wartungsmodus / Load Balancing: Wenn Sie einen Load Balancer vor Ihren Exchange-Servern einsetzen oder mehrere Server in einer DAG haben, setzen Sie einen Server vor dem Upgrade in den Wartungsmodus. So stellen Sie sicher, dass der Load Balancer keine neuen Verbindungen mehr an diesen Server schickt und laufende Verbindungen beendet werden. Dies ermöglicht ein kontrolliertes Herunterfahren der Dienste, ohne Benutzer abrupt zu trennen.
Antiviren- und Sicherheitstools anpassen: Deaktivieren Sie temporär jegliche Antivirus- oder Endpoint-Security-Software auf dem Exchange-Server, die die Exchange-Dateien überwacht, bevor Sie das Upgrade starten (sofern Ihre Sicherheitsrichtlinien dies zulassen). Viele Antivirenprogramme haben spezielle Exchange-Ausnahmen; stellen Sie sicher, dass diese aktiv sind. Sicherheitssoftware kann Installationsprozesse behindern, indem sie Dateien sperrt – ein kurzes Deaktivieren während des Updates verhindert solche Konflikte. Vergessen Sie nicht, den Schutz hinterher wieder einzuschalten.
Überwachung während des Upgrades: Behalten Sie das Upgrade im Blick. Verfolgen Sie die Ausgabe des Setup-Programms und schauen Sie bei Fehlern in die Logs (Exchange Setup Logs unter C:\ExchangeSetupLogs). So können Sie schnell reagieren, falls ein Schritt fehlschlägt. Brechen Sie das Setup nicht vorschnell ab – oft lassen sich Probleme beheben und das Setup fortsetzen.
Kein Parallelbetrieb von Setup: Führen Sie das Upgrade Server für Server durch (bei mehreren Exchange-Servern) und vermeiden Sie, mehrere Setups gleichzeitig zu starten. Warten Sie, bis ein Server erfolgreich aktualisiert und verifiziert ist, bevor Sie den nächsten angehen. So isolieren Sie Probleme und wissen im Fehlerfall genau, welcher Schritt betroffen war.
Post-Upgrade Aufgaben einplanen: Planen Sie nach dem erfolgreichen Upgrade noch Zeit für Nacharbeiten ein (siehe nächster Abschnitt). Viele kleine Schritte (wie z.B. OWA/ECP Neu-Login, Zertifikatsprüfung, Backup-Jobs testen) sollten unmittelbar nach dem Upgrade erfolgen, bevor Sie den Abschluss kommunizieren.
Rollback-Plan: Trotz aller Vorbereitung: Haben Sie einen Fallback-Plan. Wissen Sie, was zu tun ist, wenn das Upgrade scheitert – sei es das Rückspielen eines VM-Snapshots, das Wiederherstellen aus Backup oder das Switchen von DNS-Einträgen zurück auf alte Server. In den meisten Fällen wird es nicht nötig sein, aber ein Notfallplan gibt Sicherheit.
Diese Best Practices helfen Ihnen, das Risiko von Ausfällen und Problemen zu minimieren. Ein Exchange-Upgrade ist ein kritischer Vorgang, aber mit Planung, Sorgfalt und Bedacht lassen sich die Herausforderungen meistern.
Nach dem Upgrade: Tests und Überprüfungen
Ist das Upgrade auf Exchange Server SE abgeschlossen, sollten Sie nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Jetzt gilt es sicherzustellen, dass alle Dienste ordnungsgemäß laufen und die Umgebung stabil ist. Führen Sie daher unmittelbar umfangreiche Tests und Überprüfungen durch:
Exchange-Dienste prüfen: Überprüfen Sie auf dem aktualisierten Server, ob alle Exchange Services (wie z.B. Microsoft Exchange Transport, Mailbox Store, IIS (WWW) Publishing für OWA/ECP etc.) wieder gestartet sind. Dies kann man via Services-Konsole oder PowerShell (
Get-Service Exchange
) tun. Stellen Sie sicher, dass keine Dienste im Fehlerzustand sind.
E-Mail-Fluss testen: Senden und empfangen Sie Test-E-Mails intern und extern. Verwenden Sie dafür idealerweise mehrere Accounts: eine E-Mail von einem On-Premises-Postfach zu einem anderen, von on-prem nach extern (z.B. zu einer Gmail/GMX-Adresse) und umgekehrt von extern nach intern. So stellen Sie fest, ob der Mailflow in alle Richtungen funktioniert und ob die Connectoren korrekt arbeiten.
Client-Zugriff prüfen: Testen Sie den Zugriff via Outlook Web App (OWA) und das Exchange Admin Center (EAC) im Browser. Können Sie sich erfolgreich anmelden und auf Postfächer zugreifen? Versuchen Sie auch, mit einem Outlook-Client (am besten der aktuellen Version) ein Postfach zu öffnen. Achten Sie darauf, dass Autodiscover und die Offline Address Book-Generierung funktionieren – Outlook sollte automatisch die neue Server-Version erkennen, ohne dass das Profil neu konfiguriert werden muss.
Mobile und externe Dienste: Prüfen Sie, ob mobile Geräte (ActiveSync) E-Mails synchronisieren. Testen Sie gegebenenfalls die Outlook Mobile App oder native Mail-Apps auf Smartphones mit einem Postfach. Falls Skype for Business/Lync mit Exchange integriert ist (UM-Dienste) oder andere Anwendungen (z.B. CRM-Systeme, die EWS nutzen), kontrollieren Sie deren Funktion nach dem Upgrade.
Zertifikate und Namen: Überprüfen Sie die SSL-Zertifikate auf dem Exchange-Server. Sind alle Zertifikate noch gültig und richtig den Diensten zugeordnet (SMTP, IIS, etc.)? Ein Upgrade sollte Zertifikate beibehalten, aber es schadet nicht, dies zu kontrollieren. Stellen Sie auch sicher, dass die Namespace-Konfiguration (URLs für OWA, Autodiscover, EWS, etc.) weiterhin stimmt und die DNS-Einträge nach wie vor auf den (nun aktualisierten) Server zeigen.
Active Directory und Replikation: Falls Schema-Änderungen durchgeführt wurden, überprüfen Sie die AD-Replikation in Ihrer Domäne, um sicherzustellen, dass alle Domänencontroller die neuesten Exchange-Objekte kennen. Schauen Sie in die Exchange-Verwaltungsshell (
Get-ExchangeServer
), ob die Version dort korrekt angezeigt wird und ob alle Serverkomponenten als Healthy gemeldet werden.
DAG und Hochverfügbarkeit: Wenn Ihre Exchange-Organisation eine Database Availability Group (DAG) nutzt, prüfen Sie den Status der DAG. Sind alle Datenbankkopien in healthy state? Können die Datenbanken gemountet werden? Führen Sie ggf. einen Datenbank-Failover testweise durch, um sicherzustellen, dass auch im Fehlerfall alles funktioniert. Bei mehreren Servern wiederholen Sie das Upgrade und die Tests nacheinander für jeden Knoten.
Monitoring und Backup: Überwachen Sie in den ersten Tagen nach dem Upgrade verstärkt die Exchange-Server (Performance-Monitoring, Event-Logs). Stellen Sie sicher, dass Ihre Backup-Lösung weiterhin funktioniert – führen Sie eine Test-Sicherung des Exchange Servers SE durch und versichern Sie sich, dass keine Fehler auftreten (ggf. sind Updates für Ihr Backup-Tool nötig, damit es Exchange SE erkennt). Ebenso sollten Monitoring-Tools oder Virenscanner, falls deaktiviert, wieder aktiviert und auf Aktualität geprüft werden.
Benutzer-Feedback: Hören Sie auf das Feedback der Endbenutzer. Können alle auf ihre Postfächer zugreifen? Gibt es Auffälligkeiten (fehlende Kalendereinträge, Stellvertretungen, etc.)? Oft melden Benutzer Probleme, die in technischen Tests nicht sofort auffielen.
Aufräumen und Dokumentation: Sobald Sie überzeugt sind, dass das System stabil läuft, können Sie eventuelles Aufräumen vornehmen. Entfernen Sie z.B. nicht mehr benötigte alte Exchange-Server aus der Exchange-Organisation (wenn Sie die Migrationsmethode genutzt haben). Dokumentieren Sie die neue Exchange Server SE Version (Build-Nummer, Installationsdatum, neue Einstellungen) in Ihren Systemdokumentationen. Dies hilft beim zukünftigen Troubleshooting und bei Audits.
Nachdem all diese Prüfungen erfolgreich durchlaufen wurden, können Sie das Upgrade als gelungen betrachten. Ihre Organisation ist nun auf Exchange Server SE aktualisiert und damit für die kommenden Jahre gut gerüstet. Denken Sie daran, auch zukünftig Ihre Exchange Server SE Instanz aktuell zu halten, indem Sie die neuen halbjährlichen Updates zeitnah einspielen – so bleibt Ihre E-Mail-Infrastruktur sicher, stabil und profitieren von den neuesten Funktionen. Mit guter Planung und den obigen Best Practices haben Sie einen großen Schritt gemacht, um die Messaging-Infrastruktur Ihres Unternehmens zukunftssicher zu gestalten. Viel Erfolg bei der Umsetzung!